"Lasst die Kinder und wehret ihnen nicht, zu mir zu kommen!" (Mt 19,14)
Liebe Väter, Brüder und Schwestern!
In einer Angelegenheit, die uns sehr am Herzen liegt und für die Zukunft unserer Kirche in diesem Land von eminenter Bedeutung ist, wenden wir orthodoxen Bischöfe Deutschlands uns heute in einem gemeinsamen Hirtenwort an Sie, liebe orthodoxe Christen und Christinnen in Deutschland.
Zu den Sorgen, die uns als Oberhirten der Orthodoxen Kirche in Deutschland aufgetragen sind, gehört jene um die Weitergabe unseres heiligen Glaubens an die kommenden Generationen: Die religiöse Erziehung der Kinder und Jugendlichen stellt gerade in der Diaspora-Situation unserer Gemeinden ein Feld von besonderer Wichtigkeit dar, allerdings oft auch ein steiniges Feld.
Wir sehen mit Besorgnis, wie etliche jüngere Glieder der Kirche ohne die notwendige religiöse Unterweisung aufwachsen, die ihnen hilft, den Glauben ihrer Väter und Mütter zu bewahren und ihn später einmal auch an ihre Kinder weiterzugeben.
Für uns Bischöfe ist es sehr beunruhigend, dass der schulische orthodoxe Religionsunterricht bislang nur einen relativ geringen Teil der orthodoxen Schülerinnen und Schüler in Deutschland erreicht.
Wir sind Mitbürger in diesem Land geworden, und wir sind es gerne: Als solche tragen wir gemeinsam mit den staatlichen Institutionen Deutschlands die Verantwortung dafür, dass unsere Kinder und heranwachsenden Jugendlichen in die hiesige Gesellschaft integriert werden und zugleich ihre eigene orthodoxe religiöse Identität nicht verlieren; dies ist eine wichtige Aufgabe des staatlichen Religionsunterrichtes, der in qualitativer und quantitativer Hinsicht dem der anderen Kirchen und Religionsgemeinschaften entspricht.
Dabei dürfen wir mit Freude feststellen, dass von Seiten der zuständigen staatlichen Stellen unser Anliegen in der letzten Zeit eine positive Würdigung erfährt.
So haben bislang bereits vier Bundesländer den orthodoxen Religionsunterricht an allgemeinbildenden staatlichen Schulen offiziell eingerichtet, nämlich Nordrhein-Westfalen, Bayern, Niedersachsen und Hessen, also die Bundesländer mit dem größten Anteil orthodoxer Gemeinden und Gläubigen in Deutschland. Auch die Länder Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, mit denen wir in Verhandlung stehen, zeigen sich prinzipiell bereit, den orthodoxen Religionsunterricht einzuführen.
Inzwischen können wir auch mit Freude feststellen, dass sich Möglichkeiten zur Ausbildung von Religionslehrern aus allen orthodoxen Nationen, die in Deutschland leben, bieten, und zwar von solchen Lehrerinnen und Lehrern, die in diesem Lande ausgebildet werden, die die Situation der Orthodoxen Kirche in Deutschland verstehen und auch die Lebenswirklichkeit ihrer Schülerinnen und Schüler gut kennen. Solche Möglichkeiten gibt es an der Universität München wie auch an der Universität Münster.
Doch auch in den genannten Bundesländern sind wir noch weit entfernt von einem flächendeckenden Angebot orthodoxen schulischen Religionsunterrichtes, vor allem, weil eine entsprechende positive Resonanz aus den Gemeinden fehlt und an zu wenigen Orten die Einrichtung des Unterrichtes eingefordert wird. Dies gilt umso mehr, als in einigen Bundesländern staatlicherseits die notwendigen statistischen Grundlagen bislang noch nicht vorhanden sind.
Wir dürfen hier nicht nur auf den Staat verweisen und allein von ihm Lösungen erwarten: Im Blick auf die religiöse Bildung unserer Kinder sind der volle Einsatz und das Engagement aller orthodoxen Christen in Deutschland gefordert.
Es ist hohe Zeit, hier zu handeln, sonst besteht die Gefahr, dass eine Generation von jungen orthodoxen Christen heranwächst, die ihrem Glauben bzw. dem der Eltern immer mehr entfremdet wird. Es ist unbestritten, dass neben der Gemeindekatechese dem Religionsunterricht im deutschen Schulsystem eine wesentliche Funktion zur Wertevermittlung zukommt. Wir können auf den schulischen orthodoxen Religionsunterricht nicht verzichten, wenn wir erreichen wollen, dass unsere Kinder und Jugendlichen der Kirche und dem Glauben nicht verloren gehen bzw. sie auf eine folkloristische Besonderheit ihrer nationalen Herkunft reduzieren.
Bei dieser Aufgabe sind wir wesentlich auf die Mitarbeit der Pfarrer und Eltern, also auf Ihre Unterstützung angewiesen:
- Nutzen wir die Möglichkeit, dass unsere Kinder durch den schulischen orthodoxen Religionsunterricht den orthodoxen Glauben, den Glauben ihrer Väter und Mütter, besser kennen lernen und weiter in ihn hineinwachsen!
- Bestehen Sie darauf, dass Ihr Kind orthodoxen Religionsunterricht in seiner Schule erhält!
- Informieren Sie andere orthodoxe Eltern darüber, dass diese Möglichkeit besteht und unbedingt genutzt werden sollte!
- Seien Sie bereit, bei der Organisation des Unterrichtes mitzuhelfen und Ihre Kinder dann auch zu diesem Unterricht zu bringen!
Nur wenn es uns gelingt, der heranwachsenden orthodoxen Generation in Deutschland aus dem gelebten orthodoxen Glauben und der genuinen orthodoxen Tradition heraus das notwendige Rüstzeug mitzugeben, das ihr einerseits die Integration in die Gesellschaft dieses Landes und ein tatkräftiges Mitgestalten ermöglicht, sie andererseits aber vor einer Assimilierung an eine immer mehr dem christlichen Glauben sich entfremdende Umgebung bewahrt, können wir hoffnungsvoll in die Zukunft der Orthodoxen Kirche in Deutschland blicken zur Ehre Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes!
Berlin, 12. November 2011
Für die:
Griechisch-Orthodoxe Metropolie von Deutschland, Exarchat von Zentraleuropa (K.d.ö.R.)
Metropolit Dr. h.c. Augoustinos von Deutschland, Exarch von Zentraluropa Bischof Evmenios von Lefka Bischof Bartholomaios von Arianz
Metropolie für West- und Mitteleuropa der Griechisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien
Bischof Johannes von Palmyra
Berliner Diözese der Russischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats (K.d.ö.R)
Erzbischof Feofan von Berlin und Deutschland
Russische Orthodoxe Diözese des orthodoxen Bischofs von Berlin und Deutschland (K.d.ö.R.) – Russische Orthodoxe Kirche im Ausland
Erzbischof Dr. Mark von Berlin und Deutschland Bischof Agapit von Stuttgart
Ständige Vertretung der Russischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats in Deutschland
Erzbischof Longin von Klin
Serbische Orthodoxe Diözese für Mitteleuropa
Bischof Konstantin für Mitteleuropa
Rumänische Orthodoxe Metropolie für Deutschland, Zentral- und Nordeuropa (K.d.ö.R)
Metropolit Dr. Serafim von Deutschland, Zentral- und Nordeuropa Bischof Sofian von Kronstadt
Bulgarische Diözese von West- und Mitteleuropa
Bischof Antonij von Konstantia
Weitere Informationen:
Referat für Schule und Religionsunterricht der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland
44139 Dortmund
Splintstr. 6 a
Tel. 0231 – 189 97 95
Fax: 0231 – 189 97 96
Mobil: 0173 – 98 422 68
E-Mail:
Diese E-Mail-Adresse ist gegen Spambots geschützt! JavaScript muss aktiviert werden, damit sie angezeigt werden kann.
lesen: - Ettringen: neue orthodoxe Gemeinde - / - Gemeindeschule - / - Hirtenwort der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland zum Religionsunterricht - / - Filmreihe. Orthodoxe Kinder in der Gemeindeschule - Russische Kirche bei Landsberg. Religionsunterricht. Gespräche mit den Eltern -