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Startseite Das Königtum Gottes Über die Sterblichkeit

Kathedrale der Hll. Neumärtyrer und Bekenner Russlands in München

der Russischen Orthodoxen Kirche im Ausland

Über die Sterblichkeit

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Wir aber, die in der Hoffnung leben und an Gott glauben und fest darauf vertrauen, daß Christus für uns gelitten hat und auferstanden ist, wir, die in Christus bleiben und durch ihn und in ihm auferstehen, warum sträuben wir uns dagegen, selbst aus der Welt hienieden abzuscheiden, oder warum trauern und klagen wir um den Hingang der Unsrigen, wie wenn sie verloren wären? Mahnt doch Christus, unser Herr und Gott, selbst und sagt: "Ich bin die Auferstehung. Wer an mich glaubt, wird leben, wenn er auch stirbt, und jeder, der lebt und glaubt an mich, wird in Ewigkeit nicht sterben"(Joh. 11, 26 f.). Wenn wir an Christus glauben, so wollen wir auch seinen Worten und Verheißungen Vertrauen schenken, und da wir in Ewigkeit nicht sterben werden, so laßt uns in fröhlicher Gewißheit zu Christus eilen, mit dem wir immerdar leben und herrschen sollen! Wenn wir vorerst sterben, so gehen wir durch den Tod zur Unsterblichkeit ein, und das ewige Leben kann nicht nachfolgen, wenn es uns nicht zuerst beschieden ist, von hinnen zu gehen. Das ist kein Hingang für immer, sondern nur ein Übergang und ein Hinüberschreiten zur Ewigkeit, nachdem die zeitliche Laufbahn durchmessen ist. Wer sollte nicht dem Besseren zueilen? Märt. Kyprian, Bischof v. Karthago

 

Totengedenken wärend Fastentriodion: 30. März und 13.April 2024 - Gottesdienste mit Totengedenken,
18:00 Freitag - Abend- und Morgengottesdienst,Totengedenken, 09:00 Samstag - Göttliche Liturgie

 

Zwar ist bei den meisten von euch, geliebteste Bruder, ein fester Sinn, ein starker Glaube und ein frommes Herz zu finden, das angesichts des gewaltigen Umsichgreifens der gegenwärtigen Sterblichkeit sich nicht erschüttern läßt, sondern wie ein mächtiger, unerschütterlicher Fels die stürmischen Anläufe der Welt und die brandenden Wogen des zeitlichen Lebens eher selbst bricht als sich von ihnen brechen läßt und in den Versuchungen nicht unterliegt, sondern sich bewährt; weil ich jedoch bemerke, wie einige unter der Menge infolge des Mangels an Mut oder der Schwäche ihres Glaubens, wegen der Lockungen des weltlichen Lebens, wegen der Weichlichkeit ihres Geschlechtes oder, was noch schlimmer ist, wegen Abirrens von der Wahrheit nicht mehr so recht fest stehen und nicht mehr die göttliche und unbesiegbare Stärke ihres Herzens an den Tag legen, so durfte ich die Sache nicht unbeachtet lassen und mit Stillschweigen übergehen, sondern ich mußte, soweit unsere Wenigkeit es vermag, mit voller Kraft und mit Worten, die aus der Schrift des Herrn entnommen sind, die Feigheit des schwächlichen Sinnes bekämpfen, damit der, der schon angefangen hat, ein Mensch Gottes (1 Tim. 6, 11.) und Christi zu sein, Gottes und Christi auch wirklich würdig erachtet werde.

Denn jeder, geliebteste Brüder, der Gott als Krieger dient, der im himmlischen Lager stehend schon auf das Göttliche hofft, muß erst seine Pflicht erkennen, damit es gegenüber den Stürmen und Ungewittern der Welt bei uns kein Zagen, keine Verwirrung gibt. Hat doch der Herr dies alles vorhergesagt, indem er voraussehend mit mahnender Stimme das Volk seiner Kirche unterrichtete und lehrte, indem er es dazu vorbereitete und stärkte, alles Kommende zu ertragen. Daß Krieg und Hungersnot, Erdbeben und Seuchen allerorten ausbrechen, hat er vorherverkündigt und prophezeit (Matth. 24, 6.), und damit nicht der unerwartete und überraschende Schrecken der Heimsuchungen uns niederschmettere, hat er schon lange zuvor darauf hingewiesen, daß die Drangsale sich in den letzten Zeiten mehr und mehr häufen. Seht, es geschieht jetzt, was gesagt ist, und da nun das eintritt, was vorausverkündigt ist, wird auch all das nachfolgen, was verheißen ist. Denn der Herr selbst verspricht und sagt: "Wenn ihr aber seht, daß dies alles geschieht, so wisset, daß das Reich Gottes ganz nahe ist" (Luk. 21, 31.).

Das Reich Gottes, geliebteste Brüder, ist in nächste Nähe gerückt; der Lohn des [himmlischen] Lebens und die Freude des ewigen Heils, unvergängliche Seligkeit und der dereinst verlorene Besitz des Paradieses winken bereits mit dem bevorstehenden Übergang der Welt. Schon folgt dem Irdischen das Himmlische, Großes dem Kleinen, das Ewige dem Vergänglichen. Wo wäre hier Raum für Angst und Sorge? Wer wäre da zaghaft und traurig, außer etwa einer, dem es an Hoffnung und Glauben fehlt? Denn nur der hat den Tod zu fürchten, der nicht zu Christus gehen will; nur der aber kann sich sträuben, zu Christus zu gehen, der nicht daran glaubt, daß er mit Christus zu herrschen beginnt.

Es steht geschrieben, der Gerechte lebe durch den Glauben(Röm. 1,17; Hab. 2). Wenn du aber gerecht bist und durch den Glauben lebst, wenn du wahrhaft auf Gott vertraust, warum begrüßest du es dann nicht mit Freuden, daß du zu Christus gerufen wirst, und warum wünschest du dir nicht Glück dazu, den Teufel los zu werden; denn du bist dann doch bei Christus und kannst der Verheißung des Herrn sicher sein? So hatte jener gerechte Simeon, der in Wahrheit ein Gerechter war und der mit vollem Glauben Gottes Gebote hielt, von Gott den Bescheid erhalten, er werde nicht eher sterben, als bis er Christus gesehen habe. Als nun das Christuskind mit seiner Mutter in den Tempel kam, da erkannte er im Geiste, daß Christus, von dem ihm vorher geweissagt war, nunmehr geboren sei. Er wußte, daß er nun bald sterben werde, nachdem er ihn gesehen. Voll Freude also über den schon so nahen Tod und der baldigen Abberufung gewiß, nahm er das Kind auf seine Arme, pries Gott, rief und sprach: "Jetzt lassest Du, Herr, Deinen Diener in Frieden scheiden nach Deinem Wort, weil meine Augen Deinen Heiland gesehen haben"(Luk. 2, 29.) . Damit bewies und bezeugte er doch offenbar, daß wir Diener Gottes dann erst Frieden, dann erst volle und ungestörte Ruhe haben, wenn wir den Stürmen dieser Welt entrückt sind und in den Hafen der ewigen Heimat und Sicherheit einlaufen, wenn wir unsere Todesschuld hier abgetragen haben und zur Unsterblichkeit gelangen. Denn das ist der wahre Friede, das ist die zuverlässige Ruhe, das die beständige, feste und ewige Sicherheit.

Was hat man dagegen auf der Welt anderes, als daß man täglich gegen den Teufel Krieg führen, als daß man gegen seine Speere und Geschosse in beständigem Ringen sich abkämpfen muß? Mit der Habsucht, mit der Unzüchtigkeit, mit dem Zorn, mit dem Ehrgeiz haben wir zu ringen, mit den fleischlichen Lastern, mit den weltlichen Lockungen haben wir einen beständigen und beschwerlichen Kampf zu bestehen. Umlagert und von allen Seiten von den Anfechtungen des Teufels bedrangt, vermag die Seele des Menschen kaum dem einzelnen Fehler entgegenzutreten, kaum dem einzelnen zu widerstehen. Ist die Habsucht niedergeworfen, so erhebt sich die Wollust; ist die Wollust unterdrückt, so tritt der Ehrgeiz an ihre Stelle; ist der Ehrgeiz überwunden, so erbittert uns der Zorn, es bläst der Hochmut uns auf, es lockt uns die Trunksucht, der Neid stört die Eintracht, und die Eifersucht zerreißt die Freundschaft. Du läßt dich dazu drängen, zu fluchen, was das göttliche Gesetz verbietet(Röm. 12,14), du läßt dich dazu verleiten, zu schwören, was doch nicht erlaubt ist (Matth 5,84).

So viele Verfolgungen sind es, die unsere Seele Tag für Tag zu erdulden hat, so viele Gefahren bedrängen unser Herz. Und da sollten wir uns freuen, noch lange den Schwertstreichen des Teufels ausgesetzt zu sein, obwohl doch vielmehr sehnlich zu wünschen wäre, durch einen möglichst frühen erlösenden Tod eilends zu Christus zu gelangen? Belehrt er uns doch selbst mit den Worten: "Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: ihr werdet weinen und wehklagen, die Welt aber wird sich freuen; ihr werdet traurig sein, aber eure Traurigkeit wird sich in Freude verwandeln"(Joh. 16, 20.). Wer sollte nicht wünschen, die Traurigkeit los zu werden, wer sich nicht beeilen, zur Freude zu gelangen? Wann aber unsere Traurigkeit in Freude sich verwandelt, das erklärt abermals der Herr selbst mit den Worten: "Ich werde euch wiedersehen, und euer Herz wird sich freuen, und eure Freude wird niemand von euch nehmen"(Joh. 16, 22.). Da also "Christus sehen" sich freuen heißt und da es keine Freude für uns geben kann, wenn man nicht Christus sieht, welche Geistes Verblendung oder welcher Wahnsinn ist es dann, die Drangsale, die Pein und die Tränen der Welt zu lieben, statt vielmehr der Freude zuzueilen, die nie wieder genommen werden kann?

Das kommt aber daher, geliebteste Brüder, weil der richtige Glaube fehlt, weil niemand das für wahr hält, was Gott verheißt, der doch wahrhaftig ist und dessen Worte für die Gläubigen ewig feststehen. Verspräche dir ein würdiger, achtbarer Mann irgend etwas, so würdest du seinem Versprechen Glauben schenken und nicht annehmen, daß er dich täuschen und betrügen könnte, er, von dem du doch wüßtest, daß er in seinen Worten und Taten verlässig ist. Nun ist es Gott, der mit dir spricht: und du schwankst ungläubigen Sinnes mißtrauisch hin und her? Gott verheißt dir Unsterblichkeit und ewiges Leben, wenn du von dieser Welt scheidest: und du zweifelst? Das heißt gar keine Ahnung von Gott haben, das heißt Christus, den Lehrmeister des Glaubens, durch die Sünde des Unglaubens beleidigen, das heißt der Kirche angehören, ohne im Hause des Glaubens auch wirklichen Glauben zu haben.

Welchen Gewinn es bedeutet, das zeitliche Leben zu verlassen, das hat Christus selbst gezeigt, der Lehrmeister alles dessen, was zu unserem Heil und Nutzen dient; denn als seine Jünger betrübt waren, weil er sagte, er werde nunmehr dahingehen, da sprach er zu ihnen die Worte: "Wenn ihr mich geliebt hättet, würdet ihr euch freuen, daß ich zum Vater gehe" (Joh.14 28.). Damit wollte er offenbar lehren und zeigen, daß wir statt zu trauern vielmehr uns freuen sollten, wenn die Teuren, die wir lieben, das zeitliche Leben verlassen. In Erinnerung daran schreibt und sagt der selige Apostel Paulus in seinem Briefe: "Leben ist mir Christus und Sterben Gewinn"(Phil, 1, 21.), und er hält es für den größten Gewinn, nicht mehr von den Fallstricken der Welt festgehalten zu werden, nicht mehr den Sünden und Lastern des Fleisches ausgesetzt zu sein, sondern, gerettet aus den ängstigenden Drangsalen und befreit aus dem vergifteten Rachen des Teufels, auf Christi Ruf der Freude des ewigen Heils zuzueilen.

Aber freilich, manche stoßen sich daran, daß die Macht der jetzt wütenden Krankheit ebenso wie die Heiden auch die Unsrigen ergreift: gerade als ob der Christ nur deshalb gläubig geworden wäre, um, von der Berührung der Übel verschont, in Glück die Welt und das zeitliche Leben zu genießen, und nicht vielmehr deshalb, um für die künftige Freude aufbewahrt zu werden, nachdem er hier alles Widrige erduldet hat. Es stoßen sich manche daran, daß uns mit den anderen Menschen diese Sterblichkeit gemeinsam sei. Aber was hätten wir denn in dieser Welt mit den übrigen Menschen nicht gemeinsam, solange uns noch nach dem Gesetz der ersten Geburt dieses Fleisch gemeinsam bleibt? Solange wir hier in der Welt weilen, sind wir mit dem ganzen Menschengeschlecht durch die Gleichheit des Fleisches verbunden und nur dem Geiste nach getrennt. Bis also dieses Verwesliche die Unverweslichkeit annimmt und dieses Sterbliche die Unsterblichkeit empfängt(1Kor. 15,53) und bis der Geist uns zu Gott dem Vater führt, solange sind uns all die Mängel, die dem Fleische anhaften, mit dem ganzen Menschengeschlechte gemeinsam. So bleibt ja auch, wenn bei Mißwachs der Boden eine nur magere Ernte liefert, keiner vom Hunger verschont; so trifft, wenn eine Stadt bei einem feindlichen Einfall besetzt worden ist, das Los der Knechtschaft alle zugleich; und wenn ein heiterer Himmel den Reges fernhält, dann haben alle unter der gleichen Trockenheit zu leiden; und wenn das Schiff an einem Felsenriff zerschellt, so ist der Schiffbruch für alle Insassen ohne Ausnahme gemeinsam. Und so haben wir auch die Augenschmerzen, die Fieberanfälle und die allgemeine Gliederschwäche mit den anderen gemeinsam, solange wir in der Welt dieses Fleisch gemeinsam an uns tragen.

Ja, im Gegenteil, wenn der Christ erkennt und daran festhält, unter welcher Bedingung, unter welcher Voraussetzung er zum Glauben gelangt ist, so wird er wohl wissen, daß er noch Schlimmeres als die anderen in der Welt ertragen muß, da er mehr als sie gegen die Anfechtungen des Teufels zu ringen hat. Die göttliche Schrift belehrt und mahnt uns im voraus mit den Worten: "Mein Sohn, wenn du in den Dienst Gottes trittst, so stehe fest in der Gerechtigkeit und Furcht und bereite deine Seele auf Versuchung!"(Sir. 2,1) und abermals: ,,Im Schmerz halte aus und in deiner Erniedrigung habe Geduld; denn Gold und Silber wird im Feuer bewährt"(Sir. 2, 4 f.).

So ließ sich Job nach dem Verlust seiner ganzen Habe, nach dem Tod seiner Lieblinge, als er auch noch mit Geschwüren und Würmern schwer heimgesucht wurde, dadurch nicht bezwingen, sondern er bewährte sich, er, der inmitten seiner Kämpfe und Leiden die Geduld seines gottergebenen Sinnes zeigte und sprach: "Nackt bin ich aus der Mutter Schoß hervorgegangen, nackt werde ich auch unter die Erde gehen. Der Herr hat gegeben, und der Herr hat genommen. Wie es dem Herrn gefallen hat, so ist es geschehen. Gepriesen sei der Name des Herrn!" (Job 1, 21.) Und als ihn auch sein Weib dazu antrieb, in murrenden und vorwurfsvollen Worten sich gegen Gott zu ergehen, nachdem er die Gewalt des Schmerzes nicht mehr zu ertragen vermöge, da antwortete er und sagte: "Wie eine von den törichten Weibern hast du gesprochen. Haben wir das Gute aus der Hand des Herrn angenommen, sollten wir dann nicht auch das Böse ertragen? In diesem allem, was ihm widerfuhr, versündigte sich Job mit seinen Lippen nicht im Angesicht des Herrn"(Job. 2, 10; 1. 22) . Deshalb stellt ihm auch Gott der Herr das Zeugnis aus und sagt [zum Satan]: "Hast du acht gehabt auf meinen Knecht Job? Denn keiner ist ihm gleich auf Erden, ein Mann ohne Klägerin wahrer Verehrer Gottes"(Job. 1, 8.). Und auch als Tobias nach den herrlichen Werken, nach den vielen Ruhmestaten seiner Barmherzigkeit an seinen Augen mit Blindheit geschlagen wurde, da fürchtete und pries er Gott in seinem Unglück und wuchs so gerade durch die Heimsuchung seines Körpers zu noch höherem Ruhme empor. Auch ihn suchte sein Weib4 zu verleiten mit den Worten: "Wo ist nun deine Gerechtigkeit? Sieh nur, was du leidest!" (Tob. 2. 14.) Aber er blieb standhaft und fest in der Furcht Gottes, und durch seinen treuen Glauben dazu gewappnet, alles Leid zu ertragen, gab er der Versuchung seines schwachen Weibes trotz seines Schmerzes nicht nach, sondern erwarb sich bei Gott durch noch größere Geduld noch mehr Verdienste. Ihn lobt später der Engel Raphael und sagt: "Die Werke Gottes zu offenbaren und zu bekennen, ist ehrenvoll. Denn als du betetest und Sarra, brachte ich das Gedächtnis eures Gebetes vor das Angesicht der Herrlichkeit Gottes. Und als du die Toten ohne Arg begrubest und weil du nicht säumtest, aufzustehen und dein Mahl zu verlassen, sondern hingingst und den Toten bestattetest, bin ich auch gesandt worden, dich zu versuchen. Und wiederum hat mich Gott gesandt, dich zu heilen und Sarra, deine Schwiegertochter. Denn ich bin Raphael, einer von den sieben heiligen Engeln, die wir stehen und wandeln vor der Herrlichkeit Gottes"(Tob. 12, 11 ff.).

Diese Geduld haben die Gerechten stets gezeigt (Job. 2, 9.) , an dieser Lehre haben die Apostel nach des Herrn Gebot stets festgehalten(Phil. 2, 14.) : nicht zu murren im Unglück, sondern mutig und geduldig alles auf sich zu nehmen, was auch in der Welt kommen möge. Das Volk der Juden hingegen hat dadurch immer Anstoß erregt, daß es gegen Gott nur zu häufig murrte, wie Gott der Herr im Buche Numeri bezeugt mit den Worten: "Ihr Murren lasse ab von mir, und sie werden nicht sterben" (Num. 17, 10.). Man darf nicht murren im Unglück, geliebteste Brüder, sondern muß geduldig und mutig alles ertragen, was auch kommt; denn es steht geschrieben: "Ein Opfer für Gott ist ein gequälter Geist; ein zerknirschtes und gedemütigtes Herz verachtet Gott nicht"(Ps 50 19.). Auch im Deuteronomium mahnt der Heilige Geist durch Moses und sagt: "Der Herr, dein Gott, wird dich plagen und den Hunger über dich schicken, und in deinem Herzen wird man erkennen, ob du seine Gebote wohl beachtet hast oder nicht" (Deut. 8. 2.), und wiederum: "Der Herr, euer Gott, versucht euch, um zu wissen, ob ihr den Herrn, euren Gott, liebet aus eurem ganzen Herzen und aus eurer ganzen Seele"(Deut. 13, 4.).

So fand Abraham Gottes Wohlgefallen, weil er, um Gott zu gefallen, weder den Verlust seines Sohnes fürchtete noch sich weigerte, den Mord an seinem Kinde auszuführen. Wenn du es nicht erträgst, deinen Sohn nach dem Gesetz und Los der allgemeinen Sterblichkeit zu verlieren, was würdest du dann erst tun, wenn dir befohlen würde, deinen Sohn zu töten? Zu allem sollte dich deine Gottesfurcht und dein Glaube bereit machen. Sei es der Verlust des Vermögens, der dich betrifft, sei es die beständige, qualvolle Erschütterung der Glieder infolge verheerender Krankheiten oder die tiefschmerzliche, traurige Trennung von der Gattin, von den Kindern, von scheidenden Lieben: dies alles darf für dich kein Anstoß, sondern nur ein Kampf sein; dies alles soll des Christen Glauben nicht schwächen oder brechen, sondern vielmehr im Widerstande seine Tapferkeit erweisen. Denn alle Unbilden der gegenwärtigen Übel gilt es zu verachten im Vertrauen auf die künftigen Güter. Geht nicht ein Kampf vorher, so kann es keinen Sieg geben. Erst wenn im Getümmel der Schlacht der Sieg gewonnen ist, dann wird den Siegern auch die Krone zuteil. Den Steuermann erkennt man im Sturme, in der Schlacht bewährt sich der Krieger. Leicht läßt sich's prahlen, wenn keine Gefahr droht; erst der Kampf in Widerwärtigkeiten ist die Erprobung der echten Tüchtigkeit. Der Baum, der tief im Boden wurzelt, wird von den ihn umtosenden Winden nicht erschüttert, und das Schiff, das in starkem Gefüge gefestigt ist, wird zwar auch von den Wogen hin und her gerüttelt, aber nicht durchbohrt, und wenn auf der Tenne das Getreide gedroschen wird, so spotten die kräftigen, schweren Körner des Windes, nur die leere Spreu wird vom reißenden Luftzug entrafft (Matth. 8, 12. ).

So sagt auch der Apostel Paulus nach den Schiffbrüchen, nach den Geißelhieben, nach den vielen schweren Martern des Fleisches und Körpers, die er erlitten hatte(2 Kor. 11. 23ff.), er fühle sich durch die Widerwärtigkeiten nicht gequält, sondern geläutert, und er könne sich um so besser bewähren, je schwerer er heimgesucht werde. "Gegeben ist mir", sagt er, "ein Stachel meines Fleisches, des Satans Engel, daß er mich mit Fäusten schlage, so daß ich mich nicht überhebe. Deshalb habe ich dreimal den Herrn gebeten, damit er von mir weiche, und er hat zu mir gesagt: "Es genügt dir meine Gnade; denn die Kraft wird in der Schwachheit vollendet'"(2 Kor12, 7 ff.). Wenn also Krankheit und Schwäche und irgendeine verheerende Seuche wütet, dann wird unsere Kraft vollendet, dann wird unser Glaube gekrönt, falls er in der Versuchung standgehalten hat, wie geschrieben steht: "Die Geschirre des Töpfers bewährt der Ofen, und die gerechten Menschen die Prüfung der Drangsal"(Sir. 27. 5.). Das ist also der Unterschied zwischen uns und den anderen, die Gott nicht kennen, daß jene im Unglück klagen und murren, während uns das Unglück von der wahren Tugend und dem wahren Glauben nicht abbringt, sondern im Leiden erprobt.

Daß jetzt beständiger Durchfall die Körperkräfte verzehrt, daß das tief im Inneren lodernde Feuer immer weiter wütet und den wunden Schlund ergreift, daß fortwährendes Erbrechen die Eingeweide erschüttert, daß die Augen durch den Blutandrang sich entzünden, daß manchen die Füße oder irgendwelche anderen Körperteile von zerstörender Fäulnis ergriffen und abgefressen werden, daß infolge der schweren Schädigung des Körpers durch die eintretende Ermattung der Gang gelähmt, das Gehör abgestumpft oder die Sehkraft getrübt wird, all das dient nur dazu, den Glauben zu erweisen. Gegen so viele Anfälle der Verheerung und des Todes mit unerschütterlicher Geisteskraft zu kämpfen, welch großen Mut zeigt das! Welche Erhabenheit verrät es, inmitten der Vernichtung des Menschengeschlechts aufrecht zu stehen, anstatt mit denen am Boden zu liegen, die keine Hoffnung auf Gott haben! Beglückwünschen dürfen wir uns vielmehr und es als Geschenk der Zeit begrüßen, wenn wir unseren Glauben standhaft zur Schau tragen, wenn wir durch das Erdulden von Leiden auf dem engen Wege Christi(Matth. 7, 14.) zu Christus eilen und so den Lohn dieses Weges und des Glaubens nach seinem Urteil finden. Der Tod ist allerdings zu fürchten, aber nur für den, der nicht aus Wasser und Geist wiedergeboren(Joh 3, 5.), sondern den Flammen der Hölle verfallen ist. Den Tod möge fürchten, wer sich nicht auf Christi Kreuz und Leiden berufen kann. Den Tod möge fürchten, wer aus diesem nur zu einem zweiten Tod übergeht. Den Tod möge der fürchten, den bei seinem Scheiden von der Welt die ewige Flamme mit immerwährender Pein foltern wird. Den Tod möge fürchten, wer von einer längeren Frist wenigstens den Gewinn hat, daß seine Qual und sein Seufzen einstweilen noch aufgeschoben ist.

Viele von den Unsrigen erliegen bei der gegenwärtigen Sterblichkeit dem Tode, das heißt: viele von den Unsrigen werden von der Welt befreit. Diese Sterblichkeit ist den Juden, den Heiden und den Feinden Christi eine schwere Plage, Gottes Dienern dagegen ist sie der Hingang zum Heil. Deshalb, weil nun ohne irgendwelchen Unterschied innerhalb des Menschengeschlechtes mit den Ungerechten auch die Gerechten sterben, braucht ihr noch nicht zu glauben, daß die Schlechten und die Guten ein gemeinschaftlicher Untergang trifft. Zur Erquickung werden die Gerechten gerufen, zur Bestrafung die Ungerechten dahingerafft; besonders schnell wird so den Gläubigen Schutz, den Ungläubigen Strafe zuteil. Blind und undankbar sind wir, geliebteste Brüder, gegen die göttlichen Wohltaten, und wir erkennen gar nicht, was uns alles erwiesen wird. Siehe, da scheiden im Frieden, ungefährdet im Besitze ihres vollen Ruhmes, die Jungfrauen, ohne sich vor den Drohungen des nahenden. Antichrists(Matth. 24, 6), ohne sich vor Schändung und vor den Häusern der Unzucht fürchten zu müssen. Die Jünglinge entrinnen der Gefahr der schlüpfrigen Jugendzeit, glücklich gelangen sie zu dem Lohne der Enthaltsamkeit und der Unschuld. Vor den Foltern bangt nicht mehr die zarte Matrone, der die Furcht vor der Verfolgung und die Martern unter den Händen des Henkers durch den schnellen Tod erspart bleiben. Durch die Angst vor der zeitlichen Sterblichkeit werden die Lauen angefeuert, die Lässigen im Zaume gehalten, die Untätigen angespornt; die Abgefallenen werden zur Rückkehr getrieben, die Heiden zum Glauben gezwungen, das alte Volk der Gläubigen zur Ruhe gerufen und ein neues, zahlreiches Heer mit stärkerer Kraft zur Schlacht gesammelt, um ohne Furcht vor dem Tode zu kämpfen, wenn es zum Treffen kommt, ein Heer, das in der Zeit der Sterblichkeit unter die Fahnen tritt.

Wie bedeutungsvoll, geliebteste Brüder, wie wichtig und wie notwendig ist sodann die Wirkung, daß diese Pest und Seuche, die so schrecklich und verderblich erscheint, die Gerechtigkeit jedes einzelnen erforscht und die Herzen des Menschengeschlechtes daraufhin prüft, ob die Gesunden den Kranken dienen, ob die Verwandten ihre Angehörigen innig lieben, ob die Herren sich ihrer leidenden Diener erbarmen, ob die Ärzte die um Hilfe flehenden Kranken nicht im Stiche lassen, ob die Trotzigen ihr Ungestüm unterdrücken, ob die Habgierigen die stets unersättliche Glut ihrer Habsucht wenigstens in der Furcht vor dem Tode löschen, ob die Stolzen ihren Nacken beugen, ob die Ruchlosen ihre Keckheit mäßigen, ob die Reichen wenigstens jetzt bei dem Tode ihrer Lieben etwas hergeben und spenden, da sie doch ohne Erben dahingehen werden! Selbst wenn diese Sterblichkeit nichts weiter genützt hätte, so hat sie uns Christen und Dienern Gottes schon damit einen großen Dienst erwiesen, daß wir jetzt begonnen haben, mit Freuden nach dem Märtyrertum zu verlangen, indem wir lernen, uns vor dem Tode nicht zu fürchten. Nur Übungen sind das für uns, nicht Heimsuchungen; sie verleihen dem Herzen den Ruhm der Tapferkeit, und durch die Verachtung des Todes bereiten sie zur Märtyrerkrone vor.

Aber da könnte vielleicht einer einwenden und sagen: "Das ist es ja eben, was mich bei der gegenwärtigen Sterblichkeit betrübt, daß ich, der ich zum Bekenntnis bereit gewesen war und mich von ganzem Herzen und mit voller Kraft darein ergeben hatte, das Leiden zu erdulden, meines Märtyrertums verlustig gehe, indem mir der Tod zuvorkommt." Erstens aber steht das Märtyrerturn nicht in deiner Macht, sondern bei Gottes Gnade, und du kannst nicht sagen, du habest etwas verloren, wenn du gar nicht weißt, ob du es zu empfangen verdienst. Zweitens sodann ist es Gott, der Herz und Nieren prüft und das Verborgene durchschaut und erkennt; er sieht und lobt dich und zollt dir Beifall, und wenn er es merkt, daß bei dir der Mut bereit gewesen wäre, läßt er dir auch den Lohn für deinen Mut zuteil werden. Hatte etwa Kain, als er Gott sein Opfer darbrachte, seinen Bruder schon getötet? Und dennoch hat Gott, der alles voraussieht, den im Herzen geplanten Mord schon vorher verdammt. Wie dort der schlimme Gedanke und der verderbliche Plan von Gott, der die Zukunft kennt, vorherbemerkt worden ist, so wird auch bei den Dienern Gottes, die zu bekennen gedenken und das Märtyrertum im Geiste planen, der dem Guten ergebene Sinn nach Gottes Richterspruch gekrönt. Es ist zweierlei, ob zu dem Martyrium der Mut fehlt oder ob es dem Mut nur an der Gelegenheit zum Martyrium mangelte. Wie dich der Herr befindet, wenn er dich ruft, ebenso richtet er dich auch; er bezeugt und sagt ja selbst; "Und alle Gemeinden werden erkennen, daß ich ein Durchforscher der Nieren und Herzen bin"(Offenb. 2, 28.). Denn nicht um unser Blut ist es Gott zu tun, sondern um unseren Glauben. Sind doch auch weder Abraham noch Isaak noch Jakob getötet worden, und dennoch haben sie, ausgezeichnet durch die Verdienste des Glaubens und der Gerechtigkeit, unter den Patriarchen sich den ersten Platz erworben. Ihrer Gemeinschaft wird jeder zugesellt, der treu und gerecht und rühmenswert befunden wird.

Wir dürfen nicht vergessen, daß wir nicht unseren, sondern Gottes Willen tun müssen nach den Worten, die uns der Herr täglich beten hieß. Wie widerspruchsvoll und wie verkehrt ist es, daß wir zwar darum bitten, daß Gottes Wille geschehe, wenn uns aber Gott ruft und von dieser Welt abfordert, nicht sofort dem Befehle seines Willens gehorchen wollen! Wir sträuben und widersetzen uns und lassen uns wie widerspenstige Knechte voll Trauer und Wehmut vor das Angesicht des Herrn führen, indem wir nur unter dem Zwange der Not, nicht in willigem Gehorsam von hier scheiden: und da wollen wir von demselben, zu dem wir so ungern gehen, mit himmlischen Belohnungen ausgezeichnet werden? Wozu also beten und flehen wir, daß das Himmelreich zu uns komme, wenn die Gefangenschaft auf Erden uns Freude macht? Wozu bitten und wünschen wir in häufig wiederholten Gebeten, der Tag des Reiches möge rasch herannahen, wenn die Sehnsucht größer und der Wunsch stärker ist, hier auf Erden dem Teufel zu dienen als mit Christus zu herrschen?

Damit übrigens die Beweise für die göttliche Vorsehung noch deutlicher sichtbar werden und zeigen, daß der Herr, der die Zukunft vorher weiß, auf das wahre Heil der Seinigen bedacht ist, hört folgendes Geschehnis! Als einer unserer Amtsbrüder und Mitpriester, durch Krankheit erschöpft und wegen des herannahenden Todes besorgt, noch um eine Frist für sich flehte, da erschien ihm während seines Flehens, als er schon fast im Sterben lag, ein Jüngling, verehrungswürdig durch seinen Glanz und seine Majestät, hoch von Gestalt und blendend anzusehen, eine Erscheinung, wie sie in der Nähe der menschliche Blick mit fleischlichen Augen kaum anzuschauen vermöchte und wie sie höchstens einer ansehen konnte, der schon im Begriffe stand, von der Welt abzuscheiden. Nicht ohne einen gewissen Unmut in Herz und Ton ließ er ihn an und sprach: "Vor dem Leiden [in der Verfolgung] fürchtet ihr euch? Von hinnen scheiden wollt ihr nicht? Was soll ich mit euch tun?" Mit diesen Worten tadelt und mahnt einer, der wegen der Verfolgung für uns in Angst, wegen unserer Abberufung aber voll Sicherheit ist und der unserem gegenwärtigen Verlangen nicht zustimmt, sondern für die Zukunft Sorge trägt. So bekam unser Bruder und Amtsgenosse vor seinem Tode Worte zu hören, um sie den übrigen mitzuteilen. Denn er, der sie als Sterbender hörte, bekam sie doch nur zu dem Zwecke zu hören, um sie weiterzusagen; er hörte sie nicht für sich, sondern uns zugute. Denn was hätte er noch lernen sollen, der schon am Abscheiden war? Er hat vielmehr lediglich für uns, die Zurückbleibenden, die Lehre erhalten, und wir sollen erkennen, was uns allen zum Besten dient, wenn wir erfahren, daß ein Priester zurechtgewiesen wurde, der noch um eine Lebensfrist bat.

Wie oft ist auch mir selbst, dem Geringsten und Letzten, geoffenbart, wie häufig und deutlich von Gottes Gnade eingeschärft worden, beständig zu bezeugen und öffentlich zu verkünden, daß wir um unsere Brüder nicht trauern dürfen, wenn sie durch den Ruf des Herrn von der Welt befreit worden sind. Wissen wir doch, daß sie nicht verloren gehen, sondern nur vorausgehen, daß sie mit dem Abscheiden uns nur voranschreiten; daß man sich zwar, wie gewöhnlich bei einer Land- oder Seereise, nach ihnen sehnen, aber nicht um sie klagen darf, und daß man nicht hier schwarze Kleider anlegen soll, wenn sie dort bereits weiße Gewänder angetan haben; daß man den Heiden keine Gelegenheit geben darf, uns mit Fug und Recht zu tadeln, weil wir dieselben, die doch nach unserer Behauptung bei Gott leben, als tot und verloren betrauern und den Glauben, den wir in Wort und Rede kundtun, nicht auch mit Herz und Seele bezeugen und beweisen. Heuchler in unserer Hoffnung und in unserem Glauben sind wir, wenn nur vorgetäuscht, wenn nur erdichtet, wenn nur erlogen erscheint, was wir sagen. Es nützt nichts, wenn man in Worten Mut zur Schau trägt und durch Taten seine Echtheit widerlegt.

Auch der Apostel Paulus mißbilligt, tadelt und beanstandet es deshalb, wenn manche wegen des Hinscheidens der Ihrigen sich der Trauer hingeben: "Wir wollen euch, Brüder, nicht in Unkenntnis lassen über die Schlafenden, damit ihr nicht traurig seid wie die anderen, die keine Hoffnung haben. Denn wenn wir glauben, daß Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch diejenigen, die in Jesus entschlafen sind, mit ihm emporführen"(1 Thess. 4, 13 f.). Nur die, sagt er, sind traurig beim Hinscheiden der Ihrigen, die keine Hoffnung haben. Wir aber, die in der Hoffnung leben und an Gott glauben und fest darauf vertrauen, daß Christus für uns gelitten hat und auferstanden ist, wir, die in Christus bleiben und durch ihn und in ihm auferstehen, warum sträuben wir uns dagegen, selbst aus der Welt hienieden abzuscheiden, oder warum trauern und klagen wir um den Hingang der Unsrigen, wie wenn sie verloren wären? Mahnt doch Christus, unser Herr und Gott, selbst und sagt: "Ich bin die Auferstehung. Wer an mich glaubt, wird leben, wenn er auch stirbt, und jeder, der lebt und glaubt an mich, wird in Ewigkeit nicht sterben"(Joh. 11, 26 f.). Wenn wir an Christus glauben, so wollen wir auch seinen Worten und Verheißungen Vertrauen schenken, und da wir in Ewigkeit nicht sterben werden, so laßt uns in fröhlicher Gewißheit zu Christus eilen, mit dem wir immerdar leben und herrschen sollen!

Wenn wir vorerst sterben, so gehen wir durch den Tod zur Unsterblichkeit ein, und das ewige Leben kann nicht nachfolgen, wenn es uns nicht zuerst beschieden ist, von hinnen zu gehen. Das ist kein Hingang für immer, sondern nur ein Übergang und ein Hinüberschreiten zur Ewigkeit, nachdem die zeitliche Laufbahn durchmessen ist. Wer sollte nicht dem Besseren zueilen? Wer sollte nicht wünschen, recht bald verwandelt und umgeformt zu werden nach Christi Gestalt und nach der Herrlichkeit der himmlischen Gnade, wie der Apostel Paulus verkündet: "Unser Wandel aber", sagt er, "ist im Himmel, woher wir auch den Herrn erwarten, Jesus Christus, der den Leib unserer Niedrigkeit umformen wird, nachgestaltet dem Leibe seiner Herrlichkeit"(Phil. 3, 20 f.). Daß wir von solcher Beschaffenheit sein werden, verspricht auch Christus der Herr, wenn er den Vater für uns darum bittet, daß wir bei ihm sein und mit ihm in den ewigen Wohnungen und im himmlischen Reiche uns freuen dürfen, indem er sagt: "Vater, ich will, daß auch die, die Du mir gegeben hast, mit mir sind, wo ich bin, und die Herrlichkeit sehen, die Du mir gegeben hast, bevor die Welt geschaffen ward"(Joh. 17, 24.). Wer zu Christi Sitz, wer zu der Herrlichkeit des himmlischen Reiches gelangen soll, der darf nicht trauern und klagen, sondern muß vielmehr auf Grund der Verheißung des Herrn und auf Grund seines Glaubens an die Wahrheit über diese seine Reise und Versetzung nur Freude zeigen.

So finden wir ja, daß auch Enoch hinweggenommen wurde, der Gott gefiel, wie die göttliche Schrift in der Genesis bezeugt mit den Worten: "Und Enoch gefiel Gott und wurde nachher nicht mehr gefunden; denn Gott hat ihn hinweggenommen"(Gen. 5, 24.). Daß er Gefallen fand vor Gottes Angesicht, hatte die Wirkung, daß er gewürdigt wurde, von dieser Befleckung der Welt hinweggenommen zu werden. Aber auch durch Salomos Mund lehrt der Heilige Geist, daß diejenigen, die Gott gefallen, früher von hier genommen und schneller befreit werden, damit sie nicht durch die Berührungen mit der Welt befleckt werden, wenn sie in dieser Welt noch länger verweilen. "Er ward entrückt", heißt es, "damit nicht die Bosheit seinen Sinn wandle; denn seine Seele war Gott wohlgefällig. Deshalb eilte er, ihn mitten aus der Ungerechtigkeit hinauszuführen" (Weish. 4. 11, 14.). So eilt auch in den Psalmen eine ihrem Gott ergebene Seele in geistlichem Glauben Gott zu, wie geschrieben steht: Wie überaus lieblich sind Deine Wohnungen, Gott der Heerscharen! Meine Seele verlangt und eilt zu den Vorhöfen Gottes"( Ps. 83, 2 f.).

Nur der kann wünschen, lange in der Welt zu bleiben, dem die Welt Freude macht, den die schmeichelnde und trügerische Zeitlichkeit mit den Reizen der irdischen Lust fesselt. Da nun aber die Welt den Christen haßt, warum liebst dann du sie, die dich haßt, und folgst nicht vielmehr Christus nach, der dich nicht nur erlöst hat, sondern auch liebt? Johannes erhebt in seinem Briefe laut seine Stimme und warnt uns, wir sollten ja nicht den fleischlichen Begierden folgen und die Welt lieben. "Liebet nicht die Welt", sagt er, "noch das, was in der Welt ist! Wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm. Denn alles, was in der Welt ist, ist Begehrlichkeit des Fleisches und Begehrlichkeit der Augen und Hoffart des zeitlichen Lebens, die nicht vom Vater ist, sondern aus der Begehrlichkeit der Welt. Und die Welt wird vergehen und ihre Begehrlichkeit; wer aber den Willen Gottes tut, bleibet in Ewigkeit, wie auch Gott bleibet in Ewigkeit" (1 Joh. 2, 15 ff.). Laßt uns vielmehr, geliebteste Brüder, mit reinem Herzen, mit festem Glauben, mit starkem Mute zu allem bereit sein, was Gott will, laßt uns alle Todesfurcht abwerfen und an die Unsterblichkeit denken, die nachfolgt! Wollen wir zeigen, daß wir das auch sind, was wir glauben; wollen wir den Hingang unserer Lieben nicht betrauern, und auch wenn der Tag unserer eigenen Abberufung gekommen ist, unverzüglich und mit Freuden zu dem Herrn gehen, da er uns ruft!

War dies schon immer die Pflicht der Diener Gottes, so hat es jetzt noch viel mehr zu geschehen, wo die Welt schon zusammengestürzt1 und von den Stürmen des drohenden Unheils umtost ist; und nachdem wir sehen, daß Schlimmes schon begonnen hat, und wissen, daß noch Schlimmeres bevorsteht, sollten wir es für den größten Gewinn erachten, wenn wir schnell von hinnen scheiden. Wenn in deiner Wohnung die altersschwachen Wände wankten, wenn das Dach über dir zitterte, wenn das schon haltlose, schon baufällige Haus samt seinen in der Länge der Zeit verfallenden Räumen jeden Augenblick einzustürzen drohte, würdest du da nicht in aller Eile ausziehen? Wenn auf einer Seefahrt ein wildbrausender Sturm die Fluten gewaltig aufpeitschte und dir nahen Schiffbruch verkündigte, würdest du da nicht schleunigst dem Hafen zueilen? Sieh nun, die ganze Welt wankt und fällt zusammen2 und bezeugt ihren Einsturz nicht nur mehr durch das Alter, sondern durch das Ende aller Dinge: und du dankst nicht Gott dafür, du wünschest dir nicht Glück dazu, daß du durch einen früheren Hingang entrückt wirst und so dem bevorstehenden Einsturz und Schiffbruch und den drohenden Heimsuchungen entgehst?

Zu beherzigen haben wir, geliebteste Brüder, und immer wieder zu bedenken, daß wir der Welt entsagt haben und nur als Gäste und Fremdlinge (Eph. 2, 19; 1 Petr. 2, 11.) hier leben. Mit Freuden wollen wir den Tag begrüßen, der einen jeden seiner Heimat zuweist, der uns von hinnen nimmt, der uns von den Fallstricken der Welt befreit und dafür dem Paradiese und dem Himmelreich zurückgibt. Wer würde, wenn er in der Fremde weilt, sich nicht beeilen, in die Heimat zurückzukehren? Wer würde, wenn er in schneller Fahrt zu den Seinen gelangen will, nicht besonders sehnsüchtig günstigen Wind sich wünschen, um nur ja recht bald seine Lieben umarmen zu können? Als unsere Heimat betrachten wir das Paradies, unsere Eltern haben wir in den Patriarchen zu sehen begonnen*: warum eilen und laufen wir dann nicht, um unsere Heimat sehen, um unsere Eltern begrüßen zu können? Eine große Anzahl von Lieben erwartet uns dort, eine stattliche, mächtige Schar von Eltern, Geschwistern und Kindern sehnt sich nach uns, um die eigene Rettung bereits unbesorgt und nur um unser Heil noch bekümmert. Unter ihre Augen, in ihre Arme zu eilen, welch große Freude für sie und uns zugleich! Welche Wonne dort im himmlischen Reiche, wenn kein Tod mehr schreckt, welch hohes, dauerndes Glück, wenn das Leben nie endet! Dort finden wir den ruhmreichen Chor der Apostel, dort die Schar der jubelnden Propheten, dort die zahllose Menge der Märtyrer, die wegen ihres glorreichen Sieges in Kampf und Leiden die Krone empfing, dort die triumphierenden Jungfrauen, die die Begehrlichkeiten des Fleisches und des Leibes durch die Macht der Entsagung bezwangen, dort die Barmherzigen, die durch die Speisung und die reiche Beschenkung der Armen Werke der Gerechtigkeit vollbrachten und nun dafür ihren Lohn erhielten, die getreu den Geboten des Herrn(Matth. 6, 20; 19, 21.) ihre irdischen Güter in himmlische Schätze verwandelten. Zu ihnen, geliebteste Brüder, laßt uns mit gierigem Verlangen hineilen und mit dem Wunsche, daß es uns vergönnt sein möge, recht bald bei ihnen zu sein, recht bald zu Christus zu gelangen! Diesen Gedanken laßt Gott bei uns sehen, diesen Vorsatz des Geistes und des Glaubens laßt Christus bei uns erblicken! Je größer unsere Sehnsucht nach ihm ist, desto reicher wird der Lohn der Liebe** ausfallen, den er uns zuteil werden läßt.

*: Das mit Alliteration verbundene Wortspiel des Textes [patriam . . . paradisum — parentes patriarchas] läßt sich in der deutschen Übersetzung nicht nachahmen.
**: Nach einer anderen Lesart ['claritatis' statt 'caritatis;] : "der Lohn der Herrlichkeit".

- Quelle: Bliothek der Kirchenväter - Über die Sterblichkeit (De mortalitate), Cyprian von Karthago († 258)

 

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Totengedenken nach dem Ostern - Radoniza: 23. April 2017 - Gottesdienste mit Totengedenken,
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Demetrios-Sonnabend Totengedenken: 5. November 2016 - Gottesdienste mit Totengedenken,
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